Kondensator als Schwungmasse

Ein Praxisversuch von Anton Vogl.


V22 mit Pufferelkos

Kondensator als Schwungmasse für DCC Betrieb.

Ein Trick den Lenz für einige Dekoder anwendet ist ein Elektrolytkondensator der im Falle einer Unterbrechung der Versorgungsspannung die Lok mit Strom versorgt bis die Unterbrechung behoben ist. Für ein totes Gleis reicht das natürlich nicht, aber ein wenig Dreck auf den Gleisen kann so schon überwunden werden.

Aber wie machen? Auch im Internet war nicht viel zu finden, also selber ausprobieren.

Ein theoretischer Ansatz und man kann man sich das einfach ausrechnen: Zeitkonstante=R*C

Als Versuchmodell wird eine V22 mit Faulhaber 1016 verwendet. Bauen wir 1.000µF ein, Spannung beträgt 16V. Strombedarf kennen wir nicht, aber die max Leistung des Motors von 0,1W, das macht bei 16V rund 0,00625A => 6,26mA rechnen wir mal mit 10mA, denn was der Dekoder braucht und Licht, wissen wir nicht, und das geht natürlich auch noch ab.

R=U/I => 16V / 10mA = 1.600Ohm Zeitkonstante = R*C => 1.600Ohm * 1.000µF = 1,6sek Das ist die Zeit die der Motor nachläuft. Die Drehzahl kennen wir ja auch nicht genau, aber das kann man schätzen, so unter Last ~ 6.000 1/min oder 100 1/sek. 1,6sek * 100 1/sek = 160 Umdrehungen aus Vmax. Untersetzung 1:40 macht 160 / 40 = 4 Umdrehungen der Räder. Bei 10mm Raddurchmesser sind das 125,6mm, also ungefähr 12cm.

Da sind natürlich viele Schätzwerte und Unbekannte dabei, Motorstrom, Strom für Dekoder, Drehzahl des Motors, Reibung im Getriebe.... Aber einiges läßt sich messen, oder wir rechnen einfach über den Auslauf zurück.

Interessant sind natürlich die Drehzahlen im Langsamlauf, wenn man mal von 100 1/min ausgehen, dann kann man die Drehungen des Motors noch gut sehen und mitzählen. Dann käme man auf 1,67 1/sek mal 1,5 macht 2,5 Umdrehungen. Bei gleicher Untersetzung von 1:40 macht 0,0626 Umdrehungen am 10mm Rad ergibt 2mm Auslauf.

....soweit die Theorie.

erster Testaufbau

Mit ein paar Kabeln und Bauteilen aus der Grabbelkiste ist der erste Aufbau schnell gemacht. Schwieriger ist es da schon herauszufinden wo auf dem Dekoder der Elko angeschlossen wird. Für den Test haben wir einen Kühn Dekoder verwendet in dessen Anleitung beschrieben wird an welcher Stelle ein Elko angeschlossen werden kann. Das ist leider nicht bei allen Dekodern so einfach.

Schaltplan für Pufferelko

Damit der Ladestrom beim Aufgleisen der Lok und leerem Elko keinen für den Booster als Kurzschluß interpretierbaren Ladestrom zieht, wird mittels 50 Ohm Vorwiderstand eine einfache Ladestrombegrenzung in die Zuleitung des Elko eingeschleift. Ein Schalter unterbricht den Elko, so das auf einfache Weise ein Vergleich mit und ohne Elko durchgeführt werden kann. Eine 15V Zenerdiode verhindert, dass am Elko mehr als 15 Volt anliegen können. Somit kann man euch einen 16V-Typen einsetzen. Dies sollte man aber nur machen, wenn man sowieso nur mit einer DCC-Versorgungsspannung kleiner 15V fährt. Im Fremo-Betrieb auf H0/H0e ist dies so vorgesehen. Das Bild zeigt die in der Lok mit SMD Bauteilen realiserte Schaltung.

Die Stückliste mit Bauteilen von Reichelt:

Platz für Elkos fräsen und einkleben

Dann wurde auch noch mit unterschiedlichen Kondensatoren experimentiert. Ergebniss:

Dies bestätigt die ursprüngliche Berechnung schon recht gut.

Ausfräsung für Dekoder und Elkos

Nun gilt es für die Elkos und den Dekoder Platz in der V22 zu schaffen. Die Elkos werden hinter und neben dem Motor untergebracht, der Dekoder im Vorbau der Lok. In Summe sind nun 970µF an Kapazität in der Lok untergebracht, dafür ist keine mechanische Schwungmasse vorhanden.

Dekoder und Elko eingebaut

Hier ist der Dekoder und die Elkos in der Lok verbaut uns mit Isolierband gegen ungewollte Kurzschlüsse isoliert. Nach dem aufsetzen des Gehäuses ist von dem Umbau nichts zu sehen, nur durch die großen Fenster kann man die Elkos erkennen. Hier wird mit grauer Farbe und einem Lokführer Abhilfe geschaffen.

Um Probleme mit den Kondensatoren und analogem fahren zu vermeiden muss der Decoder auf "NUR DCC" eingestellt werden.

das Elkopaket

Dann sind da noch die Doppelschichtkondensatoren, auch bekannt unter den Markennamen Goldcaps, Ultracaps, Supercaps oder auch Starcaps und sicher noch viele andere. Das speziell aufgebaute Kondensatoren mit sehr hoher Kapazität, aber meist nur geringer Spannung. Aber so kompliziert ist das in Reihe Schalten von Doppelschichtkondensatoren auch wieder nicht, man muss nur über jeden eine passende Zenerdiode schalten, damit die jeweilige Sapnnung nicht zu groß wird. Als Vorwiderstand ergab sich bei meinem Versuch mit 2x 0,1F 5,5V Goldcaps ein 100Ohm Widerstand. Macht einen Ladestrom der Goldcaps von etwa 50mA. Entladen werden sie wie gehabt über eine Diode. Also alles mal gemessen: Nach längerer Wartezeit sind 10,8V vorhanden. Dann die erste Kontaktunterbrechung. Die Spannung bricht sofort auf etwas unter 6V zusammen, fällt dann auf knapp unter 5V und bleibt da sehr lange bestehen. Sehr merkwürdig.

Also schlau gemacht: Die meisten (eigentlich alle) bei den bekannten Elektronikanbietern zu beziehenden Doppelschichtkondensatoren haben noch einen, für uns sehr schlechten Unterschied zum Elko. Der Innenwiderstand ist ziemlich groß, so zwischen 70-200Ohm. Man kann also keine hohen Entladeströme entnehmen, ansonsten bricht die Spannung schnell zusammen... AHA!

Daher bricht also die Spannung im Versuch gleich auf 6V ein und es passiert nix mehr, da dann der Motor nicht mehr angesteuert wird und nur noch der sehr kleine Strom für den Microcontroller auf dem Decoder fließt.

Für eine Beleuchtung macht das nix, denn die LED's brauchen nur etwa 5-20mA, und sobald die Spannung absinkt, wird auch der Strom durch die LED deutlich kleiner, die LED glimmt dann zwar noch, aber es fließt nur noch ein ganz kleiner Strom.

Ein weiteres Handycap haben gerade die von der Bauform sehr kleinen Doppelschichtkondensatoren, denn die weisen einen sehr großen Innenwiderstand auf. Gerade diese sind für unsere Anwendung am wenigsten geeignet.

Im Vergleich dazu weißt ein "normaler" Elko quasi keinen Innenwiderstand auf und kann so nahezu beliebig hohe Ströme liefern, bis er leer ist. Genau diese Funktion brauchen wir für die Motore. Damit scheiden die Goldcaps etc. erst mal komplett aus.

Aber was machen dann Lenz und Esu? Die verwenden einen Doppelschichtkondensator vom Typ "Starcap" mit einem Innenwiderstand von 0,2Ohm (!!). Lenz und auch ESU haben da einiges an Technik reingesteckt. Der Schaltplan des ESU Powerpack weist einen Step-Up Wandler auf, welcher von dem 1F/2,7V Starcap auf rechnerisch 9 Volt hochregelt. Zusätzlich braucht man eine Laderegelung für den Starcap, z.B. bestehend aus einem Spannungsregler sowie einer Schaltung, welche im Bedarfsfall den Starcap nicht weiter aufläd (sonst beißt sich die Katze in den Schwanz:-). Bei dem Aufwand und der Bauteilmenge, welche hierfür verbaut ist (noch dazu in kleinster SMD-Technik), ist der Preis durchaus gerechtfertigt. Im Selbstbau kommt man da fast nicht billiger hin, zumal man vorher Hirnschmalz reinstecken muss. Ausßerdem habe ich bis jetzt keine passenden Doppelschichtkondensatoren mit niedrigem Innenwiderstand für akzeptables Geld gefunden.

Allerdings kann man ja den Powerpack für seine Zwecke anpassen/umbauen, wenn man ihn z.B nicht an einen ESU-Dekoder anschließen möchte. Davon hoffentlich bald mehr.